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Bundeskanzler Scholz und der Kitt der Gesellschaft

Sonntagmorgen · 27.03.2022 · 2 Min.
SWR
Erscheinungsdatum
27.03.2022
Sender
Podcast

Als Bundeskanzler Olaf Scholz diese Woche im Bundestag die Haushaltspläne seiner Regierung verteidigte, hat er eines ganz explizit betont: Die enormen Herausforderungen unserer Zeit lassen sich nur bewältigen, wenn der gesellschaftliche Zusammenhalt stimmt. Jeder Mensch in Deutschland müsse spüren, dass sein Beitrag wichtig sei, so Scholz. Deshalb seien faire Löhne, auskömmliche Renten, bezahlbare Mieten und gute Absicherung kein Geschenk des Staates, sondern der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Und da hat er ganz bestimmt recht, der Bundeskanzler. Das Problem ist nur: All das kostet Geld. Schon in normalen Zeiten wäre es teuer, in allen Bereichen für eine anständige Finanzierung zu sorgen … Ein Beispiel: Das diese Woche vorgestellte Entlastungspaket. Weil die Energiepreise explodieren, will der Staat helfen. Doch das kostet. Eine ganze Menge. Und da stellt sich natürlich die Frage: Wer zahlt die Zeche? Jeder Euro, den ich an der Tankstelle spare, fehlt an anderer Stelle - und das bedeutet: neue Schulden. Und neue Schulden bedeuten immer eine Hypothek für die nächste Generation. Zwar kommt die Entlastung natürlich auch jungen Menschen zu Gute: Der Auszubildenden, die mit dem Auto zu Arbeit pendelt oder der WG, die mit großen Augen auf die Nebenkostenabrechnung blickt. Doch am Ende sind sie es, die die Gesamt-Rechnung präsentiert bekommen. Und da fängt der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält, dann an zu bröckeln. Die Gefahr ist groß, dass der Kitt, mit dem man nun eilig Lücken stopft, dafür an anderer Stelle fehlt und bereits vorhandene Risse noch größer werden. Schon vor Corona und dem gegen die Ukraine war Generationengerechtigkeit ein großes Thema. Junge Menschen forderten völlig zu Recht, dass der Wohlstand jetziger Generationen nicht zu Lasten der zukünftigen gehen darf. Die aktuellen Krisen sorgen nun sicher nicht dafür, dass dieser Riss kleiner wird. Im Gegenteil. Und so kann man dem Bundeskanzler nur zustimmen: Ja - wir brauchen gesellschaftlichen Zusammenhalt. Auch über Generationen hinweg. Doch die Antwort auf die Frage, wie das auch gut gelingen kann - müssen wir wohl alle gemeinsam erst noch finden.