Radio Bremen Retro – Wissenschaft im Exil 1933 - 1945

Die jüdische Kunsthistorikerin Sabine Gova floh 1933 vor den Nazis nach Casablanca, überquerte als blinde Passagierin den Atlantik, jobbte in New York als Putzhilfe und wurde schließlich mit fast 60 Jahren Professorin. Eigentlich Stoff für einen Film!

"Man darf New York nicht mit Amerika verwechseln" betont die aus Berlin geflüchtete Else Staudinger im Gespräch mit Irmgard Bach. Die promovierte Volkswirtschaftlerin berichtet davon, dass akademische Grade in den USA nur selten anerkannt wurden.

Der Neuzeithistoriker Hans Rothfels beschäftigte sich früh mit dem deutschen Widerstand gegen das NS-Regime, um ihn im Ausland bekannter zu machen: "Ich habe in meiner Lehrtätigkeit immer darauf hingewiesen, dass es auch ein anderes Deutschland gab."

Der Theologe Paul Tillich zählt sich zu den Wissenschaftlern, die im US-Exil "mühselig eine neue Sprache lernen mussten". Allerdings habe er sich dadurch abgewöhnt, "in meinen theologischen Texten mystischen Unfug zu reden".

Der Rechtshistoriker und Kulturphilosoph Eugen Rosenstock-Huessy emigrierte 1933 in ein kleines Dorf in Vermont. Dort wurde er so herzlich aufgenommen, dass er von Amerika als Willkommensklub sprach: Erst auf dem Land lerne man die wirklichen USA kennen.

Der Psychiater Kurt Goldstein macht im Exil die Erfahrung, "dass es in der amerikanischen Klinik keinen Chef gibt. Sie organisieren Teams".

Die berühmte Psychoanalytikerin liebt wie ihr Mentor Sigmund Freud jüdische Witze und bittet im Gespräch mit Irmgard Bach darum, ihr doch bitte welche zuzusenden. Zum Zeitpunkt des Interviews lebte Frau Dr. Maenchen in Kalifornien.

Der aus Österreich stammende Hans Kelsen lehrte ab 1940 an der Universität Berkeley, Kalifornien. Als Völkerrechtler an der Universität Köln wurde er 1933 entlassen: "Ich bin stolz darauf, als erster Professor von Hitler entlassen worden zu sein".

Der Namensgeber der sogenannten Heidelberger "Gumbel-Krawalle" musste schon 1932 Deutschland in Richtung Lyon verlassen. "Verglichen mit dem, was die Nazis meinem Freund Carl von Ossietzky angetan haben, waren meine Leiden buchstäblich nichts."

Nachdem Rechtswissenschaftler Max Rheinstein im Juli 1933 in die USA ausgewandert war, merkte er schnell, dass er mit seinem in Deutschland erworbenen Kenntnissen nichts anfangen konnte, da das amerikanische Recht in seinen Grundzügen völlig anders ist.

"Gestern hat der Waschbär sieben meiner Hühner getötet!" Professor Karl Brandt lehrt zwar an der Universität Stanford, lebt aber im ländlichen Palo Alto, wo er sich ein Bauernhaus im niedersächsischen Stil gebaut hat.

Mit Stolz erwähnt der Architekt, dass er kurz vor dem Gespräch mit Radio-Bremen-Redakteurin Irmgard Bach einen bedeutenden Verdienstorden aus der Hand von Bundespräsident Theodor Heuss erhalten habe.